Bis der letzte Rauch verweht

Wirtschaftsschülerinnen und Wirtschaftsschüler bei der Aktion „Richtig Feuer löschen“

Wenn etwas mit lautem Knall explodiert und emporschießende Flammen der Luft den Sauerstoff rauben, dann gehören meist opulente Kamerafahrten, dröhnende Bässe und flackernde Blitzlichter zur dramatischen Inszenierung. Solche Szenen fesseln meist die Aufmerksamkeit der Jugendlichen, die gebannt auf ihre quergestellten Smartphones starren. Doch genauso oft markieren diese spektakulären Momente auch das Ende der Bildschirmzeit.

Wer nun befürchtet, dass sich auf dem Parkplatz zwischen Berufs- und Wirtschaftsschule Ende September ein ähnlich dramatisches Szenario abgespielt hat, kann beruhigt sein. Hier fand kein Netflix-Film mit eindrucksvollen Spezialeffekten und dem richtig großen Knall statt. Stattdessen erlebten die Anwesenden dessen bildungsbürgerliche Kleinversion zum praktischen und wichtigen Thema „Richtig Feuer löschen“.

Trotz des weniger glamourösen Rahmens war die Erwartungshaltung der Jugendlichen mindestens genauso groß wie bei einem Hollywoodspektakel: Die Schülerinnen und Schüler saßen auf einer Sportbank vor einem Set aus stählernen Aufbauten, roten Feuerlöschern, einem vergitterten Käfig und einer entflammbaren Puppe. Schließlich trat Stefan Kießling vom Landesfeuerwehrverband Bayern hervor und begrüßte die dort Sitzenden mit einem freundlichen Lächeln und einer Portion bayerischem Charme.

„Hallo zusammen, ich bin der Stefan, begann er seinen Vortrag und erklärte, dass diese Aktion als Initiative der Versicherungskammer und des Landesfeuerwehrverbands Bayern schon über ein Vierteljahrhundert existiert. Das Ziel der Veranstaltung sei es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den richtigen Umgang mit Handfeuerlöschern zu vermitteln und auf die Gefahren im Alltag aufmerksam zu machen.

„Ein paar von euch dürfen wirklich am echten Feuer mit dem Handfeuerlöscher Feuer löschen“, erklärte er, während die Schülerinnen und Schüler sich schon am Set von „No Way Out – Gegen die Flammen“ wähnten. Auf jeden Fall, so war die einhellige Meinung, sah das Gebotene schon jetzt auf der Zuschauerinnen- und Zuschauerbank sitzend besser aus als die zäh-verkopfte Deutschstunde, die sie vielleicht im Schulgebäude erwarten würde.

Spraydosen als Gefahrenquelle

Kießlings Vortrag begann mit einer anschaulichen Demonstration zur Sicherheit im Alltag. Er hielt eine Druckgasflasche hoch und fragte die Gruppe: „Habt ihr schon die kleingedruckten Warnhinweise darauf gelesen?“ Die Schülerinnen und Schüler blickten verwundert zu Boden, da viele von ihnen solche Deodosen in ihren Schul- oder Sporttaschen mit sich führen – oft in dem vergeblichen Versuch, Schweißgerüche nach dem Sportunterricht zu überdecken.

Kießling fuhr mit Nachdruck fort: „Diese Dose darf keinesfalls Temperaturen über 50 Grad ausgesetzt werden. Vor direkter Sonneneinstrahlung muss sie unbedingt geschützt werden.“ Seine Worte trugen die Dringlichkeit eines Mannes, der aus Erfahrung weiß, dass solche Warnungen allzu oft auf taube Ohren stoßen.

Um seine Botschaft zu unterstreichen und auch die letzten Zweifler zu überzeugen, griff Kießling zu einer eindrucksvollen Demonstration: Er platzierte die Dose in dem zuvor erwähnten Metallkäfig, entzündete eine Flamme und forderte die Anwesenden auf, sich die Ohren zuzuhalten. Was folgte, war ein ohrenbetäubender Knall, der den Schülerinnen und Schülern unmissverständlich vor Augen führte, dass eine zerberstende Deodose keineswegs harmlos ist. Die Gefahr wurde noch deutlicher, als Kießling erklärte, dass die darin enthaltenen kleinen Kugeln zu gefährlichen Geschossen werden können.

Mit scharfem Blick wandte sich Kießling an sein Publikum: „Wer von euch hat ein Gasfeuerzeug im Auto dabei?“ Die Frage traf einen wunden Punkt – einige der heimlichen Raucherinnen und Raucher unter den Schülern senkten beschämt den Blick. Kießling nutzte diesen Moment, um zu erläutern, dass auch Gasfeuerzeuge bei großer Hitze mit einem lauten Knall explodieren können. Er betonte abschließend die Wichtigkeit dieser scheinbar kleinen Details: „All diese Informationen können im Ernstfall entscheidend sein“.

Der richtige Umgang mit Notfällen

Entscheidend für den Umgang mit Notsituationen ist es, Ruhe zu bewahren und nicht aus dem Affekt heraus zu handeln, wie Feuerwehrmann Kießling den Schülerinnen und Schülern erklärte. In Actionfilmen mag es anders sein, doch in der Realität sollte man zunächst – wie er es für die Generation Disney Plus erklärte – die „Pause-Taste drücken“, um nicht unüberlegt zu reagieren und dadurch die Situation möglicherweise noch zu verschlimmern, wie beispielsweise durch das versehentliche Löschen eines Fettbrandes mit Wasser.

Stattdessen ist es wichtig, den Notruf unter der Nummer 112 zu wählen und dabei die fünf W-Fragen „Wer?“, „Was?“, „Wo?“, „Wie viele?“ und „Warten auf Rückfragen“ von sich aus zu beantworten. Kießling betonte, dass es ebenso entscheidend sei, den Unterschied zwischen einem roten und einem blauen Feueralarmknopf an den Wänden öffentlicher Gebäude zu kennen. Er ermutigte die Schülerinnen und Schüler, am Telefon zu bleiben, bis die zugeordnete Leitstelle das Gespräch beendet hat, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen übermittelt wurden. Kießling erklärte auch, was in unserem Körper passiert, wenn wir in eine Notsituation geraten: „Adrenalin“. Dieses Hormon kann zu impulsiven Reaktionen führen, weshalb es umso wichtiger ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und überlegt vorzugehen, um die Situation bestmöglich zu meistern.

Praktische Übungen mit Feuerlöschern

Und nun wurde es tatsächlich ein bisschen wie bei „No way out“: Kießling erklärte die Funktionsweise der Feuerlöscher. „Ihr fangt aus fünf Meter Entfernung an, lauft drauf zu und geht nicht näher als zwei Meter hin“, erklärte er die Vorgehensweise. Kießling erklärte Schritt für Schritt, worauf zu achten ist: den Feuerlöscher am Hals packen, den Sicherungsstift ziehen, den Schlauch herausziehen und auf das Feuer richten, dann den Feuerlöscher aktivieren und mit dem Löschen beginnen. Wichtig sei auch, nicht einfach aufzuhören, wenn man denkt, das Feuer sei aus, sondern noch ein paar Schritte zurückzutreten, bevor man den Feuerlöscher abstellt. Dann stellte Kießling das Gas an und entzündete in einem großen Metalleimer eine Flamme, die jeweils zwei Schülerinnen und Schüler löschen mussten. Und so einfach, wie dies bei Kießling aussah, war es für die Schülerinnen und Schüler auch und auch wieder nicht.

Anschließend zeigte Kießling, dass es verschiedene Arten von Feuerlöschern gibt, unter anderem Aufladelöscher, CO2-Feuerlöscher und Feuerlöscher mit Schlagknopfauslösung. Er wies auch auf mögliche Gefahren im Umgang mit den Geräten hin, wie zum Beispiel die Erfrierungsgefahr durch das minus 78,5 Grad kalte Trockeneis bei CO2-Löschern.

Vorbeugender Brandschutz im Alltag

Rauchmelder spielen eine entscheidende Rolle im vorbeugenden Brandschutz, wie Kießling betont. Er empfiehlt die Installation von Rauchmeldern in jedem Schlaf- und Kinderzimmer sowie in Fluren, um im Falle eines Brandes frühzeitig gewarnt zu werden. Für Küche und Bad gibt es spezielle Modelle, die nicht bei jedem Dampf oder Rauch Alarm schlagen und somit Fehlalarme vermeiden. Wichtig ist auch die regelmäßige Wartung der Geräte und ein Austausch spätestens nach zehn Jahren, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.

Neben den Rauchmeldern gehören zum vorbeugenden Brandschutz auch oft vernachlässigte Arbeiten, wie die Reinigung von Dunstabzugshauben-Filtern. Kießling erklärte augenzwinkernd, dass man den Filter öfter reinigen sollte, um brandgefährliche Fettablagerungen zu vermeiden: „Wenn ihr euch nicht mehr ekelt, euren Dunstabzugshauben-Filter zu reinigen, dann passt euer Reinigungsintervall“.

Gewaltige Flammenwand

Das filmreife Grande Finale der Vorführung war die Demonstration eines Öl- und Fettbrandes auf einem aus feuerfestem Stahl umrahmten Herd, auf dem ein heißer Kochtopf stand. Kießling erklärte den Schülerinnen und Schülern, dass er bereits einen Liter Rapsöl im Topf vorbereitet hatte, welches nun erhitzt werden sollte, bis es sich von alleine entzünden würde. Damit machte er deutlich, wie schnell sich haushaltsübliches Rapsöl entzünden kann, wenn es auf seine Zündtemperatur erhitzt wird. Nach kurzer Zeit entwickelte sich ein Feuer, das Kießling schnell mit dem Topfdeckel oder einer Feuerschutzdecke ersticken konnte.

Er betonte nachdrücklich, dass man auf keinen Fall Wasser darüber gießen dürfe – eine Warnung, die er mit der Erfahrung eines Experten aussprach, der wusste, wie oft dieser Fehler in der Realität gemacht wird. Um die Konsequenzen dieses Fehlers zu demonstrieren, führte Kießling in der nachfolgenden Vorstellung genau das vor: In Schutzkleidung und aus sicherer Entfernung kippte er etwa ein kleines Glas Wasser auf den Fettbrand. Das Resultat war spektakulär und erschreckend zugleich: Das Wasser verdampfte explosionsartig und riss das brennende Fett mit sich. In Sekundenschnelle breitete sich unter ohrenbetäubendem Getöse eine gewaltige Flammenwand aus, die eindrucksvoll veranschaulichte, welche lebensgefährliche Verwüstung ein solcher Fehler im häuslichen Umfeld anrichten könnte.

Anwendung des Wissens im Alltag

Die Schülerinnen und Schüler waren sichtlich beeindruckt und zufrieden von der Vorstellung. „Redet daheim mal mit euren Eltern, mit euren Geschwistern“, ermutigte der Feuerwehrmann seine jungen Zuhörerinnen und Zuhörer. Mit einem Dank an die aufmerksamen Zuhörer und den besten Wünschen für das Wochenende verabschiedete sich Stefan Kießling unter dem Applaus des Publikums.

Marcel Proksch